„…Lieblingspferd: Ich saß leider nur einmal!… …auf einer Kuh!!!…
…Lieblingstier: Alle aus „Grzimeks Tierleben“, besonders aber die Steinlaus, weil sie dort nicht zu „erwischen“ ist…
…Lieblingsessen: Brennesselpizza…
…Lieblingsbuch: „Bullerbü“ und „Harry Potter“ habe ich in vielen Sprachen, bald vielleicht auch auf Isländisch…
…Lieblingspferderasse: Isländer werde ich auf meiner nächsten Reise auf dem „Drahtesel“ wohl sehen…
…Sequenzen aus meinem Eintrag in ein „Freundebuch“, für eine Schülerin einer 5. Klasse der Rudolf Steiner Schule Bochum im April 2016…
Do, 14 Juli, meine Mutter hat Geburtstag. Sie wird heute 87. Gestern hatte ich neben einem Sendemast auf dem höchsten Punkt der Strecke durch die Öxnadalsheiði In 540 m Höhe wunderbaren Telefonempfang und rief sie vorsorglich im Pflegeheim an, weil ich nicht wusste, ob das heute möglich sein würde…
Aus dem Reisetagebuch: Ausgeschlafen, sonnig. Werde gegen 8 Uhr starten. Mal sehen, wie weit ich komme. Habe aber nach Kartenstudium beschlossen, auf jeden Fall die Fähre zu einem der größten Vogelfelsen der Welt zu nehmen. Noch etwa 300 km bis dahin. So komme ich auf jeden Fall in Ruhe in den Südwesten und riskiere nicht unnötig 400 km über Schotter oder nicht mehr vorhandene Pisten. Bislang 1831 Gesamtkilometer..
Alles verpackt und für die Weiterreise vor das Zelt gestellt. Der „Drahtesel“ (nicht zu sehen, da hinter Zelt versteckt) und der Campingplatz selber „schlafen“ noch…
Etwa 350 Kirchen findet man in Island, bei 320.000 Einwohnern. Die evangelische Blönduóskirche, erbaut 1982-1993, „inmitten“ des Ortes auf der Anhöhe unübersehbar platziert, ist natürlich auch direkt von der Ausfahrt vom Campingplatz aus auf die Ringstraße zu sehen…
Blönduós,Ort und Umgebung
Das mit dem Start klappte pünktlich, wobei ich noch erster Gratulant wurde, als ich meine Mutter um 8 Uhr (10.00 Uhr deutscher Zeit) kurz anrief.
Wunderbares Wetter, günstiger Rückenwind. Höre beim Radeln durch eine „Traumwelt“ Radio, verstehe immer mehr und es macht Spaß, dieses wahrzunehmen.. Heute diskutiert der Moderator mit einem Fachmann über die Fähigkeiten einer zur Zeit in Island gastierenden, mir nicht bekannten Konzertpianistin aus Japan (deren Namen ich auch leider schon wieder vergaß) mit breitem klassischen Repertoire verschiedener namhafter Komponisten. Viele Beispiele ihrer Virtuosität werden vorgestellt, große Erfolge in Europa, besonders in Österreich und Skandinavien genannt…
Nach 45 km – recht früh, ich nutze aber die Gelegenheit – „Frühstück mit Mittagessen“ an dem Tankstellenrestaurant von Viðigerði.
Viele Touristen, hauptsächlich Amerikaner, kommen während ich mein fettreiches Essen einnehme vorbei und haben viele Fragen zu Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung aber auch das Bedürfnis, die Erlebnisse der letzten Tage an irgendwen loszuwerden…
10 km später, in Gauksmýri ein Reiterhof mit Einladung, Reittraining zu nehmen.
Die Gelegenheit für mich, mich zum ersten Mal im Leben In den Sattel zu setzen!
AUF EINEN ISLÄNDER!!
„AUF“ ISLAND!!!
Am Geburtstag meiner Mutter!!!
Das hatte ich mir vor dem Start nach Island und lange vor der Eintragung ins „Freundebuch“ einer meiner Schülerinnen im April 2016 (s. oben) fest vorgenommen: Künftig einmal dem Seit vielen Jahren immer wieder absolut sicher aufkommenden, herzlich-spöttischen aber doch liebevollem Gelächter meiner vielen reiterfahrenen Schüler, vor allem Mädchen aller Altersstufen anders begegnen zu können als sonst. Wenn ich nämlich in den Pferdegesprächen unter „Fachleuten aus den Unter- und Mittelstufenklassen“ von meiner einzigen „Reiterfahrung“ – als vielleicht dreijähriger „Knirps“ für wenige Sekunden angstvoll auf dem Rücken unserer in den Wagen eingespannten schlesischen Zugkuh „Krasia“ sitzend – berichtete, fand das Gekicher kaum je ein Ende. „Der Herr Marsollek, der ALLES!!! kann, kann nicht reiten!,hi, hi, er hat Angst vor Pferden!, er läuft vor einem Pferd weg…hi, hi, hi!!! Herrlich…
Das wollte ich 2016 in Island nach einem 2003 schon einmal gescheiterten Versuch anderswo* endlich verändern und mich unbedingt aufs Pferd setzen, wenn Gelegenheit ist! Pferde, Isländer sah ich während meiner Tour zuhauf. Es ergab sich aber „noch nicht wirklich“ Gelegenheit. Jetzt aber war sie da, wie sie wohl nicht besser sich hätte ergeben können. Das musste, das wollte ich nutzen!
*2002, zur Silberhochzeit reisten meine Frau und ich in den Herbstferien für einige Tage nach Wien und fanden im Wienerwald als Unterkunft zufällig einen Bauernhof mit Reitpferden. 2003 wiederholten wir die Reise und ich nahm mir fest vor, auf dem Hof einige Reitstunden zu nehmen. Leider wurden die Pferde in der Zwischenzeit abgeschafft…
Ich fahre die etwa 400 m hinein,
sehe Leute auf der Terrasse, die gerade eine Veranstaltung verlassen. Sie wollen einen der Busse besteigen.
NANU?!:
Das gibt’s doch gar nicht!, mein „Fanclub aus Akureyri“ – der vor dem Buchladen – ist wieder da. Er hat sich gerade eine Reitervorführung angeschaut und muss weiter eilig nach Reykjavik. Die meisten sind schon im Bus. Morgen schon geht der Flieger zurück Deutschland. Ganz herzliche Begrüßung, Staunen das ich es mit dem Fahrrad schon bis hierher geschafft habe. Fotos. Die Reiseleitung drängt. Eile. Alle lachen sich kaputt über mein Anliegen, sich hier zum ersten Mal im Leben aufs Pferd setzen zu wollen. Sie müssen nun endgültig aber schnell weg, noch ein paar Fotos, dann in den Bus. Wir winken einander lange zu.
Der nächste Bus mit Touristen – Franzosen – kehrt ein. Auch sie wollen eine Pferdeshow sehen, wollen „bespaßt“ werden…
Ich gehe mit Bammel in die Rezeption. Anna, die wie meine Mutter heißt und nicht heute, aber übermorgen Geburtstag hat erklärt mir lachend, das alles wirklich nicht gefährlich sei und dass ich den 90-Minuten Ausritt innerhalb der zwei Stunden „ganz sicher“ überleben werde. 9.500 Kronen kostet das Abenteuer. Angemessen, finde ich und freue mich auf die neue Erfahrung, die in einer Dreiviertelstunde beginnen soll.
Riesentrubel In der Gastwirtschaft und draußen:
Pferdeshows für Touristen, meistens Deutsche und Franzosen.
…jetzt werde ich „Stori-karl“ zum ersten Mal untreu…
Tatsächlich, nach der Unterschrift in der Teilnehmerliste bekomme ich
PRINZ, „mein“ Pferd zugewiesen. Er soll ein ganz Lieber, Ruhiger sein.
„Probeaufsetzen“. Anpassen der Steigbügellänge. Herausführen der Pferde auf den umzäunten Hof. Erste Runde im Hof, nachdem einige Kommandos so aufgenommen und die Zügel so gehalten und geführt wurden, dass die Pferde sie verstehen und reagieren konnten.
Unsere Gruppe besteht nur aus 7 Personen, einer vierköpfigen österreichischen Familie mit zwei reiterfahrenen Töchtern, Susanna einer Reitlehrerin aus Finnland bei Ylivieska (wo ich schon 2013 mit dem Drahtesel, pardon, dem damals noch namenlosen „Stóri-karl“ durchgeritten bin), Jouna einer in Island aufgewachsenen Halbschwedin und mir. Susanna dreht auf meine Bitte hin, bevor wir ausreiten ein kurzes Video von meinem ERSTEN MAL!…
Der Pferdesattel ist viel bequemer als der Fahrradsitz, stelle ich erstaunt fest.
„Schattenselfie“.
Jouna und ich ritten die letzte halbe Stunde allein, Susanna war mit den Österreichern unterwegs.
Jouna.
Das war er,
…(m)ein ganz ruhiger, ganz lieber „Prinz“. Ich bin sogar eine ganze Strecke auf ihm getjöckt…, oder wie diese spezielle Gangart heißt.
Ich nehme mir viel Zeit, schreibe auf der Terasse draußen im Sonnenschein glücklich und „adrenalindurchflutet“ Tagebuch, trinke zwei Riesentassen Gratis-Tee, rufe noch einmal meine Mutter in Deutschland an und verabschiede mich nach vier Stunden Gesamtaufenthalt auf dem Reiterhof winkend von de Belegschaft. Nachmittags ist hier alles übersichtlicher, ruhiger. Da sind die meisten Touristen mit motorisierten Pferdestärken längst zu neuen Zielen weitergeritten…
Ach ja, der Reitersitz ist vieel bequemer als der Fahrradsattel…, allerdings hatte ich nach meinem Ausritt noch etwa eine Stunde lang ein ganz merkwürdiges Körpergefühl: Alles schaukelte irgendwie hin und her, besonders beim Stehen, als säße ich in einem wellenbewegten Boot… Wahrscheinlich sollte ich des Öfteren Reiten, um dieses Gefühl loszuwerden… So!…, Ihr lieben Schüler „meiner“ Schule: Viele von Euch haben vieeel mehr Reiterfahrung als ich und manche ritten auch schon Isländer. Die WENIGSTEN ABER…, AUF ISLAND!!! Euer „Jockey“…
Letzter Blick auf meinen Reiterhof. Und weiter in Windeseile bis Balkastaðir Rückenstarkwind.
Borgarnes werde ich heute wohl nicht mehr erreichen, aber in Balkastaðir gibt es einen Campingplatz.. Mit Rückenschub und jetzt 30 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit bin ich schnell am vermeintlichen Ziel, finde aber den Campingplatz nicht?
Um den Zeltplatz zu erreichen, müsste ich 10 Kilometer lang gegen den Wind zurück, erfahre ich von der netten Bedienung in der Raststätte am Knotenpunkt Balkastaðir.
Mache ich nicht, gegen DIESEN Wind!
Stattdessen fahre ich lieber mit Rückenwind den 407 m hohen Pass hinauf und suche „meinen“ Schlafplatz.
Der Aufstieg, die Holtavörðurheiði hinauf ist nicht schwer, auch wenn der Wind bald nachlässt. Meine Gedanken kreisen immer noch um das Reiten herum, sodass ich kaum merke, dass mich mein „Kumpel“ nach 103 km Tagesgesamtstrecke auf Passhöhe zu einen wunderschön versteckten Platz unweit der Ringstraße gebracht hat…
Nach dem Essen umhüllt mich die bei mir angekommene Wolke, 20 m Sicht. Dann regnet es auch schon…
Das Zelt, an drei Stellen am Rad als Anker stabilisiert, hält den plötzlich aufkommenden Windböen gut stand.
Ausschlafen??? Klar!!! Vorsichtshalber stelle ich den Wecker auf 5.15 Uhr…